Jochen Staadt (Hg.): „Die Eroberung der Kultur beginnt!“ Die Staatliche Kommission für Kunstangelegenheiten der DDR (1951-1953) und die Kulturpolitik der SED
Rezension von Anne Barnert
Der Sammelband umfasst vier Beiträge von Dagmar Buchbinder, Daniel Zur Weihen, Jochen Staadt und Horst Laude über die Staatliche Kommission für Kunstangelegenheiten der DDR (1951-1953) und die Kulturpolitik der SED in den frühen 1950er Jahren. Im Zentrum steht die Frage, „wie nach Gründung der DDR die politische Unterwerfung und Kontrolle der kulturellen Sphäre auf administrativer Ebene bewerkstelligt worden ist“ (5). Der Fokus liegt auf den Mitteln, Methoden und Institutionen, mit denen die SED ihre Kunst- und Kulturpolitik und die Doktrin des Sozialistischen Realismus in der Bildenden Kunst, im Theater und in der Musik durchzusetzen suchte. Anhand der Staatlichen Kommission für Kunstangelegenheiten wird die Entwicklung und Wirkung des Überwachungsapparates im Kulturbereich analysiert. Als Vorgängereinrichtung des 1954 gegründeten Ministeriums für Kultur entwickelte die Kunstkommission „Langzeitwirkung“: Herausgeber Staadt bescheinigt ihr eine entscheidende Rolle bei der „politischen Formierung von Kunst und Kultur der DDR“ (1).
Der erste und umfangreichste Beitrag von Dagmar Buchbinder gibt einen quellenbasierten Überblick über die Geschichte der Kunstkommission. Beschrieben wird ihre Konstituierung im Juli 1951, ihr „institutionelles Alltagsleben“ (27) und die Beziehungen sowohl zur ZK-Kulturabteilung als auch zur Sowjetischen Kontrollkommission. Die SED setzte ihren Führungs- und Kontrollanspruch „durch eine eher indirekte Steuerung“ (22) durch: Dem sowjetischen Schema folgend, wurde eine Vielzahl an Lenkungs- und Kontrollinstitutionen für die Bildende Kunst, Theater, Musik, Literatur, Film und Rundfunk geschaffen, die zentral durch die SED-Parteigremien kontrolliert wurden. Zahlreiche Kommissionsmitglieder hatten bereits im März 1951 in der Formalismus-Kampagne gegen moderne abstrakte Malerei agiert; der Kampf um die Durchsetzung einer gegenständlichen Kunst sollte dann auch eine der wichtigsten Aufgaben der Kunstkommission werden.
Die „Stakuko“ übte Leitung und ideologische Kontrolle aller künstlerischen Einrichtungen in der DDR aus, hatte über 150 Mitarbeiter und gliederte sich in vier Hauptabteilungen: Theater und Musik, Bildende Kunst, Nachwuchs und Lehranstalten, Laienkunst. Alle Theaterhäuser, Orchester, Kunstmuseen sowie Kultur- und Klubhäuser der DDR waren ihr unterstellt, zahlreiche Institutionen sogar unmittelbar, etwa die Berliner Staatsoper, das Deutsche Theater, das Berliner Ensemble, das Gewandhausorchester Leipzig, die Staatlichen Museen zu Berlin und die Hochschulen für Bildende Kunst und Musik. Die Spielpläne mussten von der Kunstkommission genehmigt werden. Öffentlich bekannt wurde sie in der DDR durch Otto Grotewohls programmatische Rede „Die Eroberung der Kultur beginnt“ am 31. August 1951, in der er die „große und bedeutende Autorität“ der Kunstkommission betonte.
Grundannahme der Kommissionsarbeit war die Planbarkeit von Kultur. Die Abteilung Planung hatte nach Vorgaben des Ministerrates einen „Kulturentwicklungsplan Kunst und Theater“ für die gesamte DDR anzufertigen. Durch planmäßig gelenkte Aufträge, Veranstaltungen, Ausstellungen, Preisausschreiben, Forschungsarbeiten und Diskussionen sollten die Künstler veranlasst werden, neue Theater- und Musikstücke und Werke der bildenden Kunst im Sinne des Sozialistischen Realismus zu schaffen. Gerade in der Anfangsphase äußerten einige Kommissionsmitglieder Kritik an der Vorstellung einer planmäßigen Entwicklung der Kunst, was jedoch als „bürgerliche Meinung“ abgetan wurde. Der Ministerrat forderte im Gegenteil ein noch aktiveres Eingreifen in den Prozess der Kunstentwicklung und monierte 1952, dass die Kommission den direkten Kontakt mit den Künstlern vernachlässige und sich zu sehr auf administrative Tätigkeiten beschränke. weiterlesen